Auf Radtour durch Dänemark: An der Ostküste bis Århus

Dominik George 2023-05-19 1709 9 min

Nun ist es so weit: Meine erste diesjährige Radtour beginnt. Um 9 Uhr bin ich in Bonn mit dem Zug losgefahren – erst nach Köln, und von dort weiter nach Hamburg. Das Ziel ist heute Tønder kurz hinter der deutsch-dänischen Grenze. Dort war ich letztes Jahr schon einmal, als ich mit dem Fahrrad eine Rundtour um Nord-Schleswig-Holstein gemacht habe.

Genau wie letztes Jahr bin ich übrigens auch diesmal wieder anlässlich der Debbian Reunion Hamburg und des AlekSIS-Entwickler-Sprints in Lübeck unterwegs.

Tag 1 - Im Zug nach Tønder

Die Bahnfahrt war überraschend entspannt. Im ersten Wagen, wo auch das Fahrrad-Abteil ist, war wenig los, die vorhergesagte “hohe Auslastung” spielte sich weier hinten ab, wo unter anderem eine Gruppe Besoffener, wie immer vom Zugbegleitpersonal unbehelligt, ihrer Belästigung mit Bluetooth-Lautspechern nachgingen. Ganz vorne hingegen erwartete mich eine ziemlich unerwartete Überraschung: Ein Mitreisender mit ebenfalls langen Haaren, Laptop und Vierkant bot sich an, mir einen Kaffee aus dem Bordbistro mitzubringen. vejle_aarhus Als er mir seine E-Mail-Adresse für PayPal nannte, kam mir da doch irgendwas bekannt vor: “Moment, du bist …?” Es stellte sich heraus, dass ich sowohl Software von ihm benutze, als auch regelmäßig Mailinglisten-Posts von ihm sehe. So ließ ich dann auch meine Arbeit, mal wieder, liegen, und es gab erstmal einige Fachsimpelei, unter anderem über F/reifunk.

Während der Fahrt bestückte ich auch meine Uhr mit der aktuellen Velomap für Deutschland und Dänemark. Gerade rechtzeitig, denn durch die 15 Minuten Verspätung würde ich meinen Anschlusszug von Niebüll nach Tønder verpassen, so dass ich diese Strecke dann doch schon mit dem Fahrrad fahren musste.

Der “echte Süden” Dänemarks - also direkt an der Grenze zu Schleswig-Holstein - ist erstmal vom “echten Norden” Schleswig-Holstein nicht so richtig zu unterscheiden. Die meisten sprechen deutsch, Cafés akzeptieren, neben Dänischen Kronen, auch Euro, und landschaftlich tut sich auch noch nicht so viel.

Eine Sache war mir aber schon letztes Jahr in Tønder aufgefallen: Mein erster Eindruck von Schulen in Dänemark. Durch KidZ hatte ich schon die eine oder andere Anmerkung über die größere Offenheit dänischer Schulen mitbekommen, und so fiel mir das auch dann vielleicht direkt ins Auge. Hier mal ein paar Fotos von zwei Schulen in Tønder:

Natürlich ist das nicht repräsentativ für das ganze Land, aber mir sprang direkt ins Auge, dass dem Schulhof der Marieskole eines komplett fehlt: ein Zaun. Der Schulhof befindet sich direkt in einem öffentlichen Park, die Schule ist einfach Teil der Umgebung. Nun ist die Marienschule eine Privatschule, aber auch die nahegelegene öffentliche Overbygningsskole (Mittelschule) wirkt offener. Zum ausladenden Schulgelände gehört ein Wald mit Tümpel.

Das Abendessen gab es im Café Viktoria, einer kleinen, gemütlichen Bar direkt in der Altstadt von Tønder. Das hatte ich auch 2022 schon erprobt, und das Stjerneskud dort war einer der Hauptgründe für meine Tour ;). Diesmal habe ich dann im Danhostel Tønder übernachtet. Es gehört zu einer großen Anlage aus Sportanlagen, einem Campingplatz und einem Jugendtreff, im Wseentlichen dem Frezeitzentrum von Tønder. Trotzdem war es sehr ruhig.

Tag 2 - Von Tønder nach Haderslev

Zunächst verlief meine Route in Richtung Osten quer durch das Land. Wie immer, wenn man in Richtung Meer fährt, kam der Wind natürlich konstant von vorne (in Dänemark fährt man übrigens auch immer in Richtung Meer).

Auf dem Weg nach Aabenraa begegneten mir vor allem Rapsfelder und Kirchen. Es gibt, so mein Eindruck, nirgendwo so viel Raps wie in Dänemark, zumindest das dänische Festland scheint zum größten Teil aus Raps zu bestehen. Und natürlich gibt es viele Gewässer - Fjorde und Seen, nicht so viel und groß wie in den nördlicheren Gebieten Skandinaviens, aber weit kommt man schon nicht ohnene einen Tümpel oder See.

Vor Aabenraa, der ersten größeren Stadt, machte ich eine Pause an einem renaturierten Steinbruch (Baggersee). Aabenraa selber hat mich nicht sehr begeistert, es ist irgendwie eine eher unscheinbare, dafür recht hässliche, Hafenstadt. Das besondere an Städten in Dänemark ist aber, dass die Hässlichkeit nicht besonders weit reicht. Die Industriegebiete des Hafens sind so groß, wie sie sein müssen, und dann ist es auch direkt wieder grün.

Das letzte Drittel verlief dann kurz am Aabenraa-Fjord entlang und dann, endlich, Richtung Norden nach Haderslev. Zum Ende der Etappe konnte ich noch einmal die dänische Radinfrastruktur bestaunen: Die gut ausgebauten nationalen Radrouten werden normalerweise sehr durchdacht in die Städte geführt. Hier in Haderslev werden die ankommenden Radrouten im Süden, genau so wie der Autoverkehr, in einen Kreisverkehr geführt. Doch das Radwegenetz hat seinen eigenen Kreisverkehr, der in das Innere des Auto-Kreisverkehrs eingebettet ist. Man durchfährt eine Unterführung unter der Autostraße hindurch ins Innere des Kreisverkehrs, wo dann gut beschilderte Routen in die Stadt oder in andere Richtungen führen.

Mein Bed & Breakfast lag nördlich etwas außerhalb im Vorort Moltrup. Deshalb musste ich zum Abendessen auch noch einmal etwa 5km zurück in die Innenstadt von Haderslev. Dabei entdeckte ich unterwegs noch den eisenzeitlichen Opfersee von Ejsbøl, in dem in der Eisenzeit Waffenopfer erbracht wurden.

Tag 3 - Von Haderslev nach Vejle

Frühstück gab es im Bed & Breakfast heute nicht (hence the name), und so legte ich zunächst einen ziemlichen Sprint nach Kolding ein. Dort kam ich gerade noch rechtzeitig zum kleinen Brunch mit Rührei, Würstchen, Pancakes und Käse im STAYcafé an und konnte noch kurz die Burg anschauen.

Schon gegen 15 Uhr kam ich dann in Vejle, meinem Etappenziel, an. Vejle liegt schon sehr nah am Meer, der Vejlefjord ist ein ziemlich breites Gewässer. Und im Gegensatz zu Aabenraa fand ich auch das Hafengebiet nicht ganz so hässlich.

Mein Bed & Breakfast, direkt neben der Vejlefjordbrücke, war hervorragend. Die Inhaberin hatte früher in einem Hostel in Århus gearbeitet und entsprechend Erfahrung. Ich bekam ein großes, gemütliches Zimmer und am Morgen ein wirklich umfangreiches Fühstück.

Tag 4 - Von Vejle nach Århus

Zum letzten Tag meiner Tour sollte es dann nach Århus, zweitgrößte Stadt Dänemarks und Hauptziel meiner Tour, gehen. In Horsens, einer wirklich schönen Stadt mit ruhiger Einkaufs- und Fußgängerzone, kehrte ich noch in einem Café ein - etwas hipster, denn hier gan es Roggenbrot mit Krabben und Rotbarschfilet, aber halt eben Rotbarsch statt Scholle und man wollte es nicht Stjerneskud nennen ;).

Während des Essens kam mir dann auch noch die großartige Idee, dass ich meine Route noch etwas umplanen könnte. Eigentlich wollte ich wieder weitestgehend durchs Hinterland über die Dörfer fahren, doch für meinen Geschmack hatte ich bisher zu wenig Küste gesehen. Und so entdeckte ich die Ostküstenroute, eine von 11 nationalen Fernradrouten Dänemarks. Dieser Route war ich zwischendurch schon teilweise gefolgt, und so fasste ich nun den Entschluss, bis Århus nun ganz an der Küste entlang zu fahren.

Die Entscheidung habe ich nicht bereut. Die Strecke verlängerte sich dadurch auf fast 100 Kilometer, aber es war auch der schönste Abschnitt der ganzen Tour. Etwa 10 Kilometer vor dem Ziel verlief der Weg durch ein großes Waldgebiet (ich erwähnte ja bereits, dass selbst die großen Städte mittem im Grünen liegen) mit direktem Blick aufs Meer. Schattig und gut ausgebaut gign es bis direkt zum Hafen, wo ich gegen 17:30 Uhr mein Hotel erreichte.

Von den 100 Kilometern noch nicht ganz ausgelastet, schaute ich mir dann noch zu Fuß die Innenstadt an und wurde Opfer eines “guten” Restaurants mit recht kleinen Preisen, und noch viel kleineren Portionen.

Tag 5 - Rückfahrt nach Hamburg mit dem Flixbus

Eine größere Herausforderung ist es, mitsamt Fahrrad wieder zurückzureisen. Die Auslastung der dänsichen Züge mit Fahrrädern ist noch höher als in Deutschland, und so landete ich diesmal beim Fernreisebus. Zum Frühstück gab ich noch meine letzten dänischen Kronen im Surfcafé am Hafen aus, und dann machte ich mich auf den Weg zum Busbahnhof.

Fas pünktlich fuhr der Bus dann um 11:10 Uhr ab, mit geplanter Ankunft in Hamburg um 15:45 Uhr. Die Fahrt war eigentlich vollkommen in Ordnung, aber trotzdem nicht besonders angenehm, da ich insgesamt keine Autobahnen mag.

Rückblick

Was eigentlich aus der Motivation “Deutschland wird langsam langweilig” entstanden ist, wurde zur wohl schönsten Radtour bisher. Dänemark ist ein tolles Land, vor allem wegen der abwechslungsrecihen Landschaft. Und - möglicherweise romantisiere ich das etwas - die Dänen scheinen ein anderes Verhältnis zu ihrem Land und ihrer Umwelt zu haben. Insbesondere fiel mir rückblickend auf, dass ich insgesamt kaum Verschmutzung gesehen habe. Klar, besonders in Århus, was ja durchaus Ballungsgebiet ist, gab es die eine oder andere beschmierte Hauswand, aber beispielsweise der Grillplatz im Wald südlich der Stadt war komplett sauber; auch an ähnlichen Orten auf der Route war kein Müll oder ähnliches zu finden.

Radfahren macht in Dänemark insgesamt viel Spaß. Es ist nicht alles perfekt, aber man merkt doch, dass man als Radfahrer ähnlich wertgeschätzt wird wie als Autofahrer, vielleicht sogar etwas mehr. Ich bin auch an Straßen ohne Radweg gefahren, aber das waren dann meistens kleinere Landstraßen, auf denen kaum Verkehr war. An den größeren Straßen gibt es meistens Radwege, die genau so gut ausgebaut sind wie die Straße, oft breit und zweispurig. Und insgesamt habe ich auf meinen 270 Kilometern, auf denen ich 7 größere Städte duchquert habe, nur 5 Mal an Ampeln gewartet und mich 2 Mal über einen Autofahrer geärgert (Idioten gibt es eben überall).

Deshalb: Die Tour wird nicht meine letzte gewesen sein. Als nächstes geht es entweder von Århus nach Aalborg oder von Kolding nach København. Ultimativ schwebt mir vor, dann später einmal mit der Fähre nach Göteborg in Schweden und von dort mit dem Fahrrad nach Oslo zu fahren.

Fahrradurlaub ist etwas Besonderes - es macht am Ende des Tages den Unterschied, ob man das Land kennengelernt hat oder die Autobahnen. Ach ja, und das Essen schmeckt hungrig auch noch viel besser!